Deutscher Charismatiker,
mythologischer Gründervater der Anthroposophie. Indem S. sich in
alle Bereiche menschlichen Wirkens einschaltete, schaffte er es, nicht
wenige Menschen davon zu überzeugen, daß die Natur voller
harmonischer Kräfte und dem Menschen wohlgesonnen sei. So sollten
auch die Menschen sanft und gut zueinander und zu der Natur sein, vor
allen Dingen aber bei der Aussaat von Sellerie, Möhren und anderem
Gemüse auf den Mondstand achten.
S. ist hauptverantwortlich sowohl für die ideologisch-menschenfreundliche
Ausrichtung der Waldorfschulen, wo die Abiturfragen schon im Voraus
bekannt gegeben werden, als auch für die sog. Eurythmie, bei der
schon kleine Kinder durch rhythmischen Ausdruckstanz zu absoluter Mildheit
abgerichtet werden sollen. Nicht nur deshalb haben ihm seine Kritiker
immer wieder vorgeworfen, totalitäres Gedankengut zu verbreiten.
Seine nach wie vor zahlreichen Jünger werden heute manchmal als
unverbesserliche Öko-Sekte bezeichnet, auch wenn sie mit der Herstellung
bzw. dem Kauf von Holzspielzeug mit abgerundeten Ecken, dem Hübschfinden
von sanft regenbogenfarbig aquarellierter Schrift oder dem Wohlgeruch
von Zitrusduftlampen in schön eingerichteten Wohnungen nichts Arges
im Sinn haben. S. war im Übrigen eine charakterstarke Persönlichkeit,
was nicht verhindern konnte, daß er zu einem der meist fehleingeschätzten
ernsthaften Menschen der ersten Hälfte des 20. Jhdts. werden konnte.
Er lebte gegen Ende seines Lebens im Ort Dornach, nahe bei Basel, einer
eben-falls sehr milden Gegend, wo heute das sog. Goetheanum als Museum
besichtigt werden kann. So zählte S. gewiß Goethe zu seinen
Vorbildern, obwohl er vielleicht gesagt hätte, daß diesem
der Wille zum Erfolg, d. h. zur Schaffung einer Bewegung, gefehlt hat.