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Leben auf der intellektuellen Überholspur

 

 

Immanuel Kant

Konsequent vernünftiger deutscher Philosoph. Im 18. Jhdt. gab es in Europa eine Gruppe von Gelehrten, die vorgaben, sich sicher zu sein, daß es auch unabhängig von Gottes Schöpfung Erklärungen geben müßte, warum alles so ist, wie wir es mit eigenen Augen sehen oder fühlen können. K. hatte eine Idee, wie man diese Behauptung weiterentwickeln könnte. Da er ahnte, daß diese Idee längere Zeit in Anspruch nehmen würde, soll er sich etwa gesagt haben: „Du hast noch 25 Jahre, bei etwas Glück noch 30. Das sind soundsoviel Minuten. Ich werde fortan fleissig sein.” K. schlief danach nur noch ca. 5 Stunden je Nacht und tat es damit Napoleon gleich, wenn auch aus gegenteiligem Grund. Morgens aß er immer eine Scheibe Schwarzbrot und trank dazu Leitungswasser oder Schwarztee. Danach unternahm er einen kleinen Verdaungsspaziergang von möglichst exakt 60 Minuten Dauer. Er hatte keinen unzweckmäßigen Sex und ließ sich nicht durch andere Genüsse von seiner Fleissarbeit abhalten. Er las lediglich und dachte und schrieb, weshalb K. bis heute als einer der disziplinier-testen Menschen überhaupt gilt. Diese Unbeirrbarkeit rief selbstverständlich auch Spötter auf den Plan, die ihn in Karikaturen unvorteilhaft darstellten und auch die schrullige bis paranoide Hauptfigur im späteren Roman Die Blendung von Elias Canetti soll angeblich an die Person K.s angelehnt sein. Allerdings handelt es sich hier um einen Sinologieprofessor.
Durch diese unverdrossene Suche nach der Wahrheit erfand K. allerlei Begriffe für sein Erkenntnismodell und verfasste eine Skizze zu seinem Lebenswerk, den drei Kritiken, die alle wichtigen Gebiete der Philosophie endgültig erklären und damit der Menschheit endlich zur ultimativen Weisheit verhelfen sollten. So kam K.s bedeutendes Buch zum Thema Philosophie mit dem Titel Die Kritik der reinen Vernunft zustande, welches umständlich formuliert oft die Worte „metaphysisch” und „transcendent” enthält, die bedeuten, daß es noch etwas hinter dem Normalen gibt, oder ähnliches wie: „Eine Sache ist noch längst nicht, was sie zu sein scheint”, bzw. „Die Dinge werden subjektiv verändert durch des Menschen Wahrnehmung”, wobei weniger herumliegende Gegenstände, als bisher sicher geglaubte Erkenntnisse gemeint sind. Das letzte Buch aus der Kritik-Reihe heißt Kritik der Urteilskraft. Mit diesem Buch tat K. sich besonders schwer, weil er da schon die 1000 Seiten der ersten beiden Kritiken zu berücksichtigen hatte und sich daher so manche logische Ungereimtheit leistete, wie man von erfahrenen Philosophiestudenten hört.
Die griffigen Titel, die K. seinen Büchern gab, haben zahlreiche andere Philosophen nach ihm dazu verleitet, ihn nachzuahmen, so z. B. der mittlerweile stark umstrittene Peter Sloterdijk, der für sein voluminöses Buch Kritik der zynischen Vernunft noch hoch gelobt wurde.
Weshalb viele Menschen K. zusätzlich gerne kritisieren wollen, ist der Umstand, daß er ein Monarchenfreund war und sich auch lautstark für die Abschaffung der Demokratie eingesetzt hat. Denn eigentlich meinte er, jeder müsse sich ganz von selbst so verhalten, daß die Gesellschaft funktioniert. Er nannte das nicht Anarchie, sondern den Kategorischen Imperativ, der sprichwörtlich in einprägsamer Reimform lautet: „Was du nicht willst das man dir tu, das füg‘ auch keinem anderen zu”.
K. starb alt in Königsberg, der Stadt, die eher durch ein gleichnamiges Hackfleischgericht bekannt geworden ist, nicht ohne vorher noch zugegeben zu haben, daß es Gott trotz allem geben könnte.

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